28./29. Juni 1863
28. Juni 1863. (…) Jch konnte am Morgen Mama Allerlei helfen, und war aber fertig und angezogen, als Hr. Professor kam, den wir heute nicht erwarteten. Er war sehr gut mit mir, u. ich dankte ihm daß er Papa beruhigt habe. Er bat uns nun doch bald die Fahrt zu unternehmen, damit einmal das Gedränge der Famlie ein wenig gestillt werde. Er sagte ihm sei es ja am Meisten daran gelegen, mich fortzubringen aber am liebsten möchte er mich irgendwo hin thun, wo man mich gar nicht auffinden könnte. Da das aber nicht angehe so wolle man, das Möglichste thun, um sonst ein artiges Pläzchen zu finden, aber vorher müsse ich dann doch in Baden noch ein Bad nehmen. Jch versprach Alles sagte aber nur daß ich sehr fürchte, Heimweh zu bekommen nach ihm selbst u. nach meinen kleinen Beschäftigungen. Er tröstete mich aber, u. sagte dafür werde ich auch wieder Ersatz finden. Zum Essen kamen Alle auch die Kinder, ich blieb zum Voressen, hatte dann aber genug, da Elise auch noch ein wenig unartig mit mir war. Essen konnte ich ein paar Löffel Suppe sonst gar Nichts, Nachmitgs verchhalte ich ab. Es regnete stark und die Kinder spielten auf der Winde. Herr Stockars fuhren bei Zeiten fort Hr. Schindlers blieben noch ziemlich lange, und plagten mich wieder sehr mit dem fortgehen. (…)
28. Juni 1863. Obschon ich diese Nacht durch ein Gewitter gestört und überhaupt schlecht geschlafen, war doch Papas erster Gedanke wieder Baden und obschon es sehr schwül und gewittrig war, entschlossen wir uns doch ihm den Willen zu thun. Nachdem Jch deshalb noch dem lieben Gott alle meine Sorgen und meinen Ausgang anbefohlen stand ich dann schon vor 9 Uhr auf, zog mich an und machte Alles bereit. Um 10 Uhr kam Fidel u. führte uns zum langen Steg. Natürlich war ich dort schon müde und der Lohnhof mit seinem Getümmel und d. vielen Menschen machte mich ganz traurig u. trümmlig. Wohlversorgt in einem Cupé befahl ich in meinem Herrn diese erste Ausfahrt dem lieben Gott, der mich ja so geduldig u. treu bis hieher geführt hat. Und es ging mit d. fahren recht ordentlich. Die Bewegung machte mir nichts, nur das Getöse machte mir trümmlig. Die Gegend v. Baden war mir sehr heimlich, wir bestiegen im Lohnhof den Omnibus, der uns bald ins Schiff brachte. und die gefürchtete Begegnung mit Frau Brunner ging noch ordentlich vorbei. Sie führte uns gleich mein schön kühles Zimmer, wo ich bis Mittags halb schlafend ausruhte. Mama badete, u. ging dann mit Papa zur Tafel ich blieb im Zimmer, u. hatte nicht den geringsten Appetit. Während d. Essen las u. arbeitete ich ruhig, u. erst als Mama zurück kam brachte. man mir eine Tasse Caffe mit Milch, die ich trank, aber Brod hätte ich nicht essen können, da mein Magen ganz müde war. Dann machte uns Frau Brunner einen u. langen Besuch. Mama ging noch aus um Nelken zu kaufen, u. ich rüstete mich indes zum Heimweg. Frau Bruner macht uns Hoffnung f. eine Köchin, wenigstens will sie sich nach jemand erkundigen, u. ich kann nur d. l. Gott bitten, daß Er ihre Bemühungen segnen wolle. Um 1/2 5 Uhr stiegen wir und wieder in d. Omnibus, trafen aber im Lohnhof (J. Ulrich-unklar) an, die sich uns anschloß, und mit uns nach Zürich fuhr. Dazu stand noch ein Gewitter am Himmel, u. das machte uns d. Heimweg mühsam. Auch die Anknuft im Lohnhof war stürmisch, und die Wagenfahrt gar so lang. Als ich dann endlich mit innigem dank gegenen Gott wieder heimkam wurde mir schlecht und trümmlig; ich mußte in mein Zimmer, wo ich starken Hast bekam, machte aber dann doch später noch für die Hühner bereit und ging gegen 9 Uhr zu Bette, wo ich aber lange nicht einschlafen konnte, sondern sehr aufgregt war. Alles dreht sich in meinem Kopf, u. doch muß ich nur danken u. loben daß ich wieder bis hieher gebracht worden, bin!
An diesem Tag fand nun also das grosse Abenteuer statt - ein Ausflug nach Baden. Die kurze Zeit in Baden verbringst Du ohne zu Baden im Hotelzimmer des Hotels Schiff. Doch immerhin ist es ein Schritt aus Deinem Krankheitsalltag.