17.-25. Juni 1863
17. Juni 1863. (…) (Herr Professor) wünscht sehr, daß ich nun einmal nach Baden oder ins (fährli-unklar) gehe, ganz wie es uns am liebsten sei, nur etwas probieren (…) Ach sogar gegen Hr. Prf. bin ich ganz abgestumpft, hilf Du mir mein Heiland. Um 7 Uhr holte Fidel die Kinder ich war am Ende sehr müde geworden u. mußte mich dann ein wenig zurückziehn während H. Schindles Fische aßen. Später ging ich dann auch noch hinunter, u. erhielt v. Caspar als Reisekram eine schöne silberne Filigranschnalle, zur Tracht d. (Berchtes godnenkanrinnen-unklar) gehörend, die er mit Mühe hat kaufen können. Dazu eine nette Photographie das ostreichischen Kaiserhauses, was mir beides große Freude macht. (…)
19. Juni 1863. (…) Jch stand erst spät auf, u. konnte nicht zu d. Hühnern, da es in Strömen regnete. Dessen ungeachtet kam dann aber nach 11 Uhr Hr. Pofessor ganz nass; und da wir ihn sehr bedauerten u. sagten wir hätten ihn nicht erwartet, erwiederte er, er sei auf Wegen nach Luzern gebeten. Er habe es zuerst abzgelehnt, da es ihm doch den ganzen Tag wegnehme, aber nun sei ein zweiter Brief gekommen, den er uns nun zeigte, u. worin er inständig gebeten wird selbst zu kommen, so daß wir dem Patienten zum Besten reden mußten. Er sagte diese Consultationen seien etwas sehr undankbares, weil man gewöhnlich zu spät komme, wen alle Rettung unmöglich sei. Einmal jedoch, bei Banquier Knörr, habe er die Genugthuung gehabt, die Krankheit anders zu erkennen, u. der sei dann gerettet worden, was ihn jetzt noch freue. Mama sagte, sie brauche nicht so weit zu gehen, wenn sie denke wie Hr Rahn mich aufgegeben, u. Hr. Porfessor dann ganz andere Mittel eingeschagen so müste sie immer dankbar sein. Er sprach mir dann mit d. Essen zu sagte aber er wolle mir nicht predigen, sondern mich nur bitten u. nachdem wir ihm dann nach dem Morgen ordentlich Wetter und guten Erfolg gewünscht, fuhr er im ärgsten Regen wieder nach der Stadt zurück.(…)
24. Juni 1863. (…) Dann gab es auch aufs Essen für die Kinder zu bereiten, und da Mama gar so viel kochen ließ, natürlich wieder Verdrus mit Babeli. Die Kinder kamen auch mit großem Lärm an, führten sich bei Tisch unartig auf, so daß wir froh waren als des Essen worüber war. Mama wurde dann aber doch noch böse über mich u. ich zog mich traurig in mein Zimmer zurück, wo ich schrieb u. las bis es wieder Zeit f. d. Hühner war. Unterdesen war Elise gekommen, u. Alles sass in die obere Diele, da das Wetter prächtig, hell u. schön war. Jch bereitete f. d. Kinder u. zum Thee den man auf d. Zinne trank, wurde aber nach u. nach so müde, daß ich es fast nicht mehr aushalten konnte. Papa u. Elise beschlossen, es müsse nun mit mir etwas gethan werden, u. ich müsse fort! schon morgen oder Freitag nach Baden. Jch fügte mich schweigend u. zog mich dann als die andern aßen, in mein Zimmer zurück. (…)
25. Juni 1863. (…) Am Morgen machte mir Mama eine Tasse gute Schokolade, die ich gut fand, nur füllte sie mir stark den Magen. Jch blieb lang im Bett, las und betete so gut ich konnte, u. besorgte dann meine Hühner. Papa hat heute wieder sehr wegen Baden insistiert; er will durchaus selbst mit Hrn Prof. reden, u. traf es dann wirklich, daß er vor dem Essen ihn antraf. Hr. Prof. hatte uns vorher Alles gesagt, u. mir gerathen dies Jahr einmal abzumachen. Er finde es dann aber besser, um 1/2 1 Uhr zu gehen, u. sich ein ruhiges Zimmer geben zu lassen. Dann solle ich eine Tasse Kaffe trinken während Papa u. Mama an die Tafel gingen. Jch versprach ihm das zu thun, und als dann Papa kam zog ich mich so gleich zurück, und erwartete das Ende der Unterredung mit Herzklopfen. Er blieb noch ziemlich lang da, u. ich öffnete ihm dann die Thüre, wo er recht freundlich Adieu sagte. Mama erzählte mir dann, er habe Papa ganz im Ernst Alles erklärt, u. ihm gesagt, ob er denn glaube wir hatten unterdessen (Morengossen-unklar) getrieben, u. nicht schon lange an Alles das gedacht. Er wußte ihn dann wieder zu beschwichtigen, u. wir haben uns vorgemommen wenn Gött will, einen d. ersten Tage nächster Woche nach Baden z. gehen. Essen konnte ich dann nicht, nach all diesen Emotionen, hingegen Nachmittags ein wenig fort, dann ausruhen bis Marie Bürkli kam, u. nachher auf d. Zinne arbeiten. Abends waren wir allein, u. machten wieder einmal ein ruhigen Gang ums Gut. Mama hat Babeli noch aufgesagt, da sie auch gar zu unangenehm und gleichgültig ist. (…)
Dein Vater verliert wohl langsam die Geduld. Kein Wunder, wo es doch seit Jahren keine merkliche Veränderung Deines gesundheitlichen Zustands gibt. Zwar lässt sich der Herr Professor nicht gern rein reden, aber er sieht wohl doch auch ein, dass es nicht in diesem Trott weiter gehen kann.