30. Juli 1861
(…) Am Morgen kam ich mit d. besten Vorsätzen hinunter, Mama redete aber v. Bauen. Nanny hörte uns u. wurde übellaunig, u. um sie wieder zu versöhnen, that Mama ihr Möglichstes, nachdem sie mit mir einen Gang um die untre Wiese gemacht. Dann mußte ich baden, war aber kaum darin, als Hr. Prof. kam. Jch ging schnell hinauf, aber auch darüber wurde Mama böse, u. sagte, ich solle nicht den ganzen Tag übellaunig sein. Sie verklagte mich bei Herrn Prof., welcher unten wartete, bis ich im Bett war. Jch hatte mir vor genommen, ihm allerlei zu sagen, es gab aber nichts daraus, da er nur kurz bei mir blieb, was mir sehr leid that. Dann schlief ich bis zum Essen, hatte Rübli u. Fleisch, aber wenig Hunger. Nachmittags ließ man mich lang allein, Mama besuchte Luise Wyß, u. unter dessen kam Mathilde Escher zu mir. Sie brachte mir wieder Zwieback, u. war sehr gut, nur genierte mich, daß Nanny immer dabei war, denn ich hätte ihr gern Allerlei gesagt was mich quält, Mama kam mit Marie Bürkli aus d. Letten zurück, die mich auch noch besuchte. Jch trank die Milch im Bett, u. stand dann bald nachher auf. Unten redete man wieder nur v. Bauen was mir sehr Angst, u. Kummer macht, da wir dann gar nicht mehr allein sein können. Jch wurde traurig u. verstimmt darüber, Mama sprach mir ernstlich zu; aber ich fühle ganz gut, daß Alles nichts nützt, bis ich mich einmal ganz v. d. Erde u. ihrer Lust losreißen kann. Und jetzt mangelt mir noch alle Energie! Ganz unglücklich u. traurig ging ich zu Bette. O mein treuer Heiland nimm Du mir das steinerne Herz und gib mir ein neues, das sich freut an Deinen Wegen! Ach ich bin gar nichts aber Du Alles!