22. Juni 1859

Am Morgen erwachte ich besser u. leichter im Kopf, u. nachdem ich meinen Tag dem treuen Herrn anbefohlen, frühstückte ich mit Cecile Escher. Zu lesen hatte ich leider nichts, da ich mich für keine Nacht versehen hatte. Nach dem Frühstück arbeiteten u. lasen wir im Salon, später kam die liebe Cecile u. wir hatten ein recht trauliches Mundchen zusammen. Ich half ihr Nähte machen, u. sie erzählte mir viel v. ihrem Leben u. ihrem Lande, u. lud mich ein, sie einst zu besuchen. Wie vieler konnte ich sie fragen, das mir auf d. Hezen lag, wie konnten wir uns wieder einmal aussprechen! Nun werde ich an ihrer Freundschaft nicht zweifeln, auch wenn sie mir lange nicht schreibt und ihrer Treue aufs Neue versichert. Nachher ließ uns Frau v. Erlach rufen, u. wir saßen ziemlich lange bei ihr, bis gegen 12 Uhr Cecile Escher mich zum Essen abholte. Wir aßen noch ganz allein zusammen, und nachher begleitete sie mich zur Station, die etra M Munde entfernt ist. dort mußten wir noch ziemlich lang warten bis der Zug kam, u. dann zankte sie mich glücklich in ein Couge ein, wo aber schon 3 Engländer waren, die fast immer schliefen. Da das Wetter besser war, schien die Gegend viel hübscher. In Olten blieb ich wieder allein, u. las dann fest d. ganz Weg. Im Bahnhof holte mich Niemand ab, u. ich eilte so schnell als möglich nach Hause, wo ich mich freute Alle wieder zu finden. Nanny, Elise u. d. Kinder waren da u. die Herrn kamen auch, leider aber gab es später noch sehr Streit wegen Ragaz, da uns Nanny immer vorreden will, es sei eine große Freude, u. gar nicht daran denkt, wie gut sie es gehabt hat. Später kam auch Hr v. Erlach v. Karlsruhe, da verging uns d. Abend sil u unheimlich u. besonders betrübte uns, daß dann auch Elise gleich Nannys Partie nahm. O lieber Gott gib mir ein demüthiges u hauft muthiges Herz, um Deinen Willen treu z. erfüllen u. Dein Kreuz geduldig z. tragen. 

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21. Juni 1859

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25.-27. Juni 1859